Nachweis des Erbrechts durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments gegenüber der Bank unter Umständen möglich

Nachweis des Erbrechts durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments gegenüber der Bank unter Umständen möglich

Der BGH hat mit Datum vom 05.04.2016, Akten­zeichen XI ZR 440/15, entschieden, dass der Erbe sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Ehepaar hatte ein handschriftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig als Erben einsetzten. Nach dem Tod des Letztversterbenden soll das Vermögen auf die Kinder, die jetzigen Kläger, übergehen.

Es war ebenfalls eine Pflichtteilsstrafklausel vorhanden, die besagte, dass bei Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches durch eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden, dieses Kind auch beim Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten solle. Nach dem Tod des Ehemanns wurde das Testament eröffnet und der Sparkasse vorgelegt. Nach dem Tod der Ehefrau wurde es erneut eröffnet, die Kläger forderten die Sparkasse erfolglos unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments und des Eröffnungsprotokolls auf, die Konten der Mutter freizugeben. Daraufhin beantragten die Kläger einen ge­meinschaftlichen Erbschein und verauslagten die diesbezüg­lichen Gerichtskosten. Die Sparkasse gab daraufhin die Konten frei, lehnte aber die Übernahme der Kosten für den Erbschein ab. Die Kläger haben nunmehr erfolgreich die Übernahme der Kosten eingeklagt. Die Revision blieb dagegen erfolglos.

Der BGH hat entschieden, dass die Kläger gegen die Sparkasse einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB dahingehend haben, dass die Gerichtkosten für den Erbschein zu erstatten sind. Vorliegend hätte es ausgereicht, das handschriftliche Testament nebst Eröffnungsvermerk vorzulegen, um die Erbenstellung der Kläger nachzuweisen. Somit hat die Sparkasse die Erbscheinkosten verursacht, obwohl diese nicht nötig gewesen wären. Damit hat die Sparkasse gegen die ihr obliegende Leistungstreuepflicht verstoßen.

Der Nachweis der Erbenstellung kann entweder durch Erbschein, öffentliches Testament, eigenhändiges Testament oder bei ge­setz­licher Erbfolge durch Urkunden, aus denen sich die Erbfolge ergibt, nachgewiesen werden. Die Sparkasse darf grundsätzlich nicht verlangen, dass ein Erbschein vorgelegt wird, selbst, wenn nur ein eigenhändiges Testament vorliegt. Es sind die Interessen des Erben zu beachten, der durch die Universalsukzession des § 1922 BGB in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Bank eingerückt ist. Zwar hat die Sparkasse auch ein be­rech­tigtes Interesse daran, der Gefahr zu entgehen, doppelt in An­spruch genommen zu werden, aber es ist auch dem berechtigten Interesse der Erben Rechnung zu tragen, den Nachlass rasch und kostengünstig abzuwickeln. Ein Erbe wird bei fehlender Notwendigkeit die Kosten eines Erbscheinverfahrens regelmäßig nicht aufwenden.

Es muss jedoch eine Differenzierung zum eröffneten öffentlichen Testament vorgenommen werden. Bei einem öffentlichen Tes­ta­ment reicht es in der Regel aus, eine beglaubigte Abschrift des Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Er­öff­nungs­protokolls vorzulegen, um die Erbfolge nachzuweisen. Dies gilt insbesondere bei Grundbuchberichtigungen, Handels­regis­ter­anmeldungen etc.

Daher ist es auch gerechtfertigt, dem eröffneten öffentlichen Testament im Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber eine widerlegbare Vermutung beizumessen, um die Erbfolge nach­zu­weisen.

Dies kann beim privatschriftlichen Testament so nicht über­nommen werden. Auch wenn eine Gleichwertigkeit zu einem notariellen Testament besteht, ist die Gefahr der Rechts­un­kennt­nis, unklarer Formulierungen, des Verlusts, der Unterdrückung oder Fälschung höher als bei einem öffentlichen Testament.

Somit ist es Frage des Einzelfalles, ob die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist, wenn eine beglaubigte Ablichtung nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls vorgelegt wird.

Es besteht keine gesteigerte Auslegungspflicht der Banken. Nur bei konkreten und begründeten Zweifel an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbanwärter einzuholen.

Vorliegend wurde durch das privatschriftliche Testament die Erbfolge hinreichend nachgewiesen. Zweifel ergeben sich auch nicht aus der Pflichtteilsstrafklausel.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Über den Autor

Christine Gerlach author

Rechtsanwältin in München
Fachanwältin für Erbrecht

Tätigkeitsschwerpunkte:
Erbrecht, Pflichtteilsrecht, Testamentsvollstreckung, Gesellschaftsrecht

Kontakt: (089) 55 21 44-0

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