Kosten der berufstätigen Eltern für die Unterbringung ihrer Kinder in zweisprachig geführtem Kindergarten abziehbar

Kosten der berufstätigen Eltern für die Unterbringung ihrer Kinder in zweisprachig geführtem Kindergarten abziehbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 70/12, Pressemitteilung vom 10.10.2012, BFH-Urteil vom 19.04.2012, Aktenzeichen III R 29/11

Berufstätige Eltern konnten auch schon vor 2009 zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4000 EUR je Kind, für die Unterbringung ihrer Kinder in einem zweisprachig geführten Kindergarten nach § 4f bzw. § 9 Abs. 5 Satz 1 des Einkommen­steuer­gesetzes in der vor 2009 geltenden Fassung (EStG a.F.) wie Betriebsausgaben oder wie Werbungskosten einkommen­steuermindernd geltend machen. Das hat der Bundes­finanzhof (BFH) im Urteil vom 19. April 2012 III R 29/11 entschieden.

In dem betreffenden Kindergarten wurden neben deutschen Erzieherinnen auch französische „Sprachassistentinnen“ eingesetzt. Die Erzie­herinnen sprachen mit den Kindern ausschließlich deutsch, die Sprachassistentinnen aus­schließ­lich französisch. Ein Lehrplan existierte nicht. Die Erzie­herinnen und Sprachassistentinnen arbeiteten in der Planung, Durchführung und Auswertung der pädagogischen Aufgaben partnerschaftlich und gleichberechtigt zusammen.

Das Finanzamt versagte den Abzug der streitigen Auf­wen­dungen mit der Begründung, dass es sich hierbei nicht um nach § 4f Satz 1 EStG a.F. abziehbare Kinder­betreuungs­kosten, sondern um nach § 4f Satz 3 EStG a.F. nicht abziehbare Unterrichtskosten gehandelt habe.

Dem folgte der BFH ebenso wie schon das Finanzgericht nicht. Er wies darauf hin, dass der Begriff der Kinder­betreuung weit zu verstehen sei. Er umfasse nicht nur die behütende und beaufsichtigende Betreuung, sondern auch Elemente der Pflege und Erziehung, also die Sorge für das körperliche, seelische und geistige Wohl des Kindes. Letzteres schließe auch die pädagogisch sinnvolle Gestaltung der in Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen verbrachten Zeit ein. Nach § 4f Satz 3 EStG a.F. nicht begünstigte Auf­wen­dungen für Unterricht oder die Vermittlung besonderer Fertigkeiten hätten nur dann vorgelegen, wenn die Dienst­leistungen in einem regelmäßig organisatorisch, zeitlich und räumlich verselbstständigten Rahmen stattgefunden hätten und die von der Lehrperson während der Unterrichtszeit ausgeübte Aufsicht über das Kind und damit die behütende Betreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen Fähigkeiten als dem Hauptzweck der Dienstleistung in den Hintergrund getreten wäre. Davon könne jedoch im vor­liegenden Fall nicht die Rede sein.

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München

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