Ist der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme möglich?

Ist der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme möglich?

Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf keiner betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung gemäß § 1901a Abs.1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

Der zulässige Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen setzt nicht voraus, dass eine Grunderkrankung mit einem irreversibel tödlichen Verlauf vorliegt. Dies hat der BGH mit Datum vom 17.09.2014, Aktenzeichen XII ZB 202/13, entschieden.

Weiterhin wurde klargestellt, dass § 1901a Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Behandlungswünschen und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen differenziert. Hierbei kommt es nicht auf Art und Stadium der Erkrankung an. Es sind strenge Maßstäbe an den Patientenwillen anzusetzen. Es ist jedoch nicht danach zu differenzieren, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht. Hat der Betroffene eine bindende Patientenverfügung niedergelegt, muss der Betreuer diese gemäß § 1901a Abs. 1 Satz 2 BGB umsetzen.

Wenn nicht sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Patientenverfügung vorliegen oder diese nicht auf die konkrete Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, greift das Genehmigungserfordernis des § 1904 Abs. 2 BGB. Dies bedeutet, dass der Betreuer entscheiden muss, ob er in eine ärztliche Maßnahme einwilligt. Ziel ist es, den Behandlungswünschen beziehungsweise dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen.

Liegt zwischen dem Betreuer und dem behandelnden Arzt kein Einvernehmen vor, obwohl der Betreuer in den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen einwilligen möchte, hat das Betreuungsgericht dies zu genehmigen gemäß § 1904 Abs. 4 BGB. Dieser Paragraph soll sicherstellen, dass eine gerichtliche Genehmigung nur in Konfliktfällen erforderlich ist.

Das Gericht hat ein sogenanntes Negativattest zu erteilen, aus dem sich ergibt, dass keine gerichtliche Genehmigung erforderlich ist, auch wenn ein Einvernehmen im Sinne von § 1904 Abs. 1 BGB vorliegt.

Siehe auch: Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen

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Über den Autor

Christine Gerlach author

Rechtsanwältin in München
Fachanwältin für Erbrecht

Tätigkeitsschwerpunkte:
Erbrecht, Pflichtteilsrecht, Testamentsvollstreckung, Gesellschaftsrecht

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