Kategorien-Archiv Wichtige BGH-Urteile

Schenkungsteuerpflichtige Zuwendung unter Eheleuten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 56/16, Pressemitteilung vom 31.08.2016, Urteil vom 29.06.2016, Aktenzeichen II R 41/14

Eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung unter Ehegatten liegt auch dann vor, wenn ein Ehegatte den Vermögensstand seines Einzelkontos oder Einzeldepots auf den anderen Ehegatten überträgt. Beruft sich der beschenkte Ehegatte darauf, dass ihm schon vor der Übertragung der Vermögensstand zur Hälfte zuzurechnen war und er deshalb insoweit nicht bereichert sei, trägt er zudem nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juni 2016 II R 41/14 hierfür die Feststellungslast (objektive Beweislast).

Im Urteilsfall übertrug der Ehemann den Vermögensstand seines bei einer Schweizer Bank geführten Einzeldepotkontos (Einzel­kontos) auf ein ebenfalls bei einer Schweizer Bank geführtes Einzelkonto seiner Ehefrau. Das Finanzamt nahm in voller Höhe des übertragenen Vermögensstands eine freigebige Zuwendung des Ehemannes an die Ehefrau an. Die Ehefrau wendete ein, sie sei nur in Höhe der Hälfte des Vermögensstands bereichert, da ihr die andere Hälfte des Vermögensstands schon vor der Über­tra­gung zugestanden habe. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Ehefrau, die dafür die Feststellungslast trage, habe nicht nachgewiesen, dass sie schon vor der Übertragung zur Hälfte an dem Vermögen berechtigt gewesen sei.

Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Danach trägt der be­schenkte Ehegatte die Beweislast für Tatsachen, die der An­nah­me einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen. Dies gilt auch für die Umstände, die belegen sollen, dass dem anderen Ehe­gatten das Guthaben, das er vom Einzelkonto seines Ehegatten unentgeltlich übertragen erhalten hat, im Innenverhältnis bereits vor der Übertragung ganz oder teilweise zuzurechnen gewesen sein soll.

Die Entscheidung des BFH betrifft Einzelkonten, nicht aber Gemeinschaftskonten der Ehegatten. Kontovollmachten für Einzelkonten sind für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung.

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Nach BGH ist die Formulierung „keine lebensverlängernden Maßnahmen“ in Patientenverfügungen zu unbestimmt

Der BGH hat mit Urteil vom 06.07.2016, Aktenzeichen XII ZB 61/16, entschieden, dass, wenn eine Person festlegen möchte, dass man sie in bestimmten Situationen sterben lässt, sie möglichst genau festlegen muss, was Ärzte in bestimmten Lebens- und Behandlungssituationen tun sollen. Eine Allgemeinformulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ reicht nicht aus.

Der BGH führt aus, dass in einer Patientenverfügung konkrete Behandlungsmaßnahmen genannt werden müssen. Es muss so gut wie möglich festgelegt werden, welche ärztlichen Behandlungen und Maßnahmen gewünscht sind.

Andererseits hat der BGH aber auch einschränkend erklärt, dass die Anforderungen an eine Patientenverfügung nicht überspannt werden dürfen. Der Verfügende ist nicht gehalten, seine eigene Krankengeschichte als Patient vorauszuahnen und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend zu berücksichtigen. Dies wird auch gar nicht möglich sein.

Sollten in Ihrer Patientenverfügung keine konkreten Behandlungsmaßnahmen genannt sein, ist es sinnvoll, diese nachträglich anzupassen. Dies gilt auch, wenn eine Patientenverfügung erstellt wurde und der Verfügende später an einer Erkrankung leidet, die künftig bestimmte Therapien oder Behandlungen erforderlich machen. In einem solchen Fall ist dringend anzuraten, konkrete Behandlungsmaßnahmen, insbesondere für diese Erkrankung, in eine Patientenverfügung mit aufzunehmen.

Weitere Details dazu, was bei einer Patientenverfügung zu beachten ist, entnehmen Sie bitte unserem ausführlichen Artikel zu diesem Thema.

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Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers

Der BGH hat mit Datum vom 06.07.2016, Aktenzeichen XII ZB 61/16, klargestellt, welche Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers zu erfüllen sind.

Die Leitsätze diesbezüglich lauten wie folgt:

  1. Der Bevollmächtigte kann in eine der in § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn der Vollmachttext hinreichend klar umschreibt, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten erblichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, sie zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.
  2. Einem für einen Betroffenen bestehenden Betreuungsbedarf wird im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Durchführung von lebensverlängernden Maßnahmen i.S.d. § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB durch eine Bevollmächtigung erst dann nicht ausreichend Genüge getan, wenn offenkundig ist, dass der Bevollmächtigte sich mit seiner Entscheidung über den Willen des Betroffenen hinwegsetzen würde.
  3. Die schriftliche Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, enthält für sich genommen nicht die für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber ggf. durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

Der BGH weist diesbezüglich auch darauf hin, dass bei einem Einvernehmen zwischen dem Bevollmächtigten und dem Arzt, welche Vorgehensweise dem Willen des Betroffenen nach § 1901a Abs. 1 und 2 BGB entspricht, selbst eine Maßnahme i.S.d. § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht gerichtlich genehmigt werden muss gem. § 1904 Abs. 4 und Abs. 5 Satz 1 BGB. Einen Antrag, die Einwilligung in den Abbruch etwa einer künstlichen Ernährung zu genehmigen, müsste das Betreuungsgericht ohne weiter Ermittlungen ablehnen und ein sogenanntes Negativattest erteilen.

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Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren – zur Auslegung des § 81 FamFG

Der BGH hat mit Datum vom 18.11.2015, Akten­zeichen IV ZB 35/15, entschieden, dass bei der nach billigem Ermessen zu treffenden Kos­tenentscheidung im Erb­scheinsverfahren gemäß § 81 Abs. 1 FamFG sämtliche in Betracht kommenden Umstände des Ein­zelfalles heranzuziehen sind. Hierbei kann – ohne Anwendung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses – neben anderen Umständen auch das Obsiegen und Unterliegen berücksichtigt werden.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien stritten um die Erbfolge nach der verstorbenen Erblasserin. Die Beteiligte zu 1.) ist deren Tochter, die übrigen Beteiligten sind die Kinder des vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin. Die Erblasserin setzte die Enkelkinder mit notari­ellem Testament zu Universalerben ein. Die Beteiligte zu 1.) beantragte einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge, der sie als Miterbin zu 1/2 sowie die Enkel als Miterben zu je 1/8 ausweisen sollte, da sie in dem notariellen Testament einen Verstoß gegen die Höfeordnung sah und dieses für unwirksam hielt. Das Nachlassgericht hat den Antrag auf Kosten der Be­tei­ligten zu 1.) zurückgewiesen. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1.) Beschwerde ein. Das Beschwerdegericht hat ihre Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass bezüglich des erst­instanzlichen Verfahrens die Beteiligte zu 1.) und die Beteiligten zu 2.) die Gerichtskosten zu je 1/2 tragen. Außergerichtliche Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien nicht zu erstatten. Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2.) blieb erfolglos.

In Nachlasssachen entscheidet das Nachlassgericht nach billigem Ermessen darüber, ob es den Beteiligten Kosten auferlegt. Das Ermessen des Nachlassgerichts umfasst ebenfalls, von einer Kostenerhebung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG abzusehen.

Bei einer Kostenentscheidung stellt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens nur einen von mehreren Gesichtspunkten dar, der bei der Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu berücksichtigen ist. Sämtliche in Betracht kom­men­den Umstände sind in die Ermessensentscheidung mit ein­zubeziehen, wie etwa Wortlaut, Systematik und Entstehungs­geschichte, die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sowie die familiäre und persönliche Nähe zwischen dem Erblasser und den Verfahrensbeteiligten.

Ein Umkehrschluss ist jedoch unzulässig. Festzuhalten ist ebenfalls, dass das Beschwerdegericht nur Ermessensfehler prüfen kann. Dies hat zur Folge, dass die in §§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG enthaltene Regelung, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte grundsätzlich seine außer­ge­richt­lichen Kosten selbst tragen musste, aufgegeben worden ist.

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Zuwendung ist auch bei Verbindung mit einem Erbverzicht unentgeltlich

Der BGH hat mit Datum vom 04.07.2015, Aktenzeichen X ZR 59/13, entschieden, dass nicht allein der Erbverzicht dazu führt, dass ein entgeltlicher Vertrag vorliegt. Vielmehr hängt die Einordnung der Zuwendung einer Schenkung davon ab, ob sich die Vertrags­parteien darüber einig sind, dass diese unentgeltlich erfolgen soll.

Die Leitsätze des Urteils lauten diesbezüglich wie folgt:

  1. Auch bei einer mit einem Erbverzicht verbundenen Zuwendung ist für deren Qualifikation als Schenkung maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind.
  2. Ob eine unentgeltliche Zuwendung gewollt war, ist unter Wür­digung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maß­geb­liche Bedeutung kann hierbei neben dem Wortlaut des Ver­tra­ges über die Zuwendung und den Erbverzicht den Um­stän­den seines Zustandekommens und seiner Aus­ge­stal­tung im Ein­zelnen zukommen.
  3. Der Verzicht auf das Erb- und Pflichtteilsrecht nimmt der Zu­wendung jedenfalls soweit nicht den Charakter der Un­ent­gelt­lichkeit, als er nach dem Willen der Vertragsparteien der Aus­gleichung der lebzeitigen Zuwendung bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist mangels gegenläufiger An­haltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Der BGH geht in seiner Abwägung davon aus, das der Verzicht auf das Erb- oder Pflichtteilsrecht der Zuwendung den Charakter der Unentgeltlichkeit deshalb nicht nimmt, als er nach dem Willen der Vertragsparteien dazu dienen soll, lebzeitige Zuwendungen bei der Erbfolge auszugleichen. Bei Fehlen gegenläufiger An­haltspunkte ist ein solcher Wille regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa dem entspricht, was als Erbe erwartet wird oder dies gar übersteigt.

    Wenn die Zuwendung wertmäßig deutlich hinter dem zu­rück­bleibt, was als Erbe erwartet wird, kann dies gegen eine Schenkung sprechen. Um den maßgeblichen Willen der Ver­trags­parteien zu ermitteln, können neben dem Wortlaut des Vertrages über die Zuwendung und des Erbverzichtes ins­be­son­dere auch die Umstände bedeutsam sein, wie er zustande ge­kommen und im Einzelnen ausgestaltet ist. Mit dieser Ent­schei­dung gibt der BGH einen Maßstab vor, mit dem geklärt werden kann, ob der Vertrag unentgeltlich ist oder nicht.

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Kindergeld für Elternteile, die im EU-Ausland leben

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 42/16, Pressemitteilung vom 08.06.2016, Urteil vom 04.02.2016, Aktenzeichen III R 17/13 , Urteil vom 10.03.2016, Aktenzeichen III R 62/12

Lebt ein Kind im EU-Ausland bei der ge­schie­denen Ehefrau, ist sie, nicht aber der in Deutschland lebende Vater kinder­geld­berechtigt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13 entschieden hat.

Im Streitfall beantragte ein in Deutschland wohnender deutscher Staatsangehöriger Kindergeld für seinen Sohn. Der Sohn lebte in Polen im Haushalt seiner Mutter, der geschiedenen polnischen Ehefrau des Klägers. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab, weil sie der Ansicht war, der Anspruch auf Kindergeld stehe nicht dem Kläger zu. Kindergeldberechtigt sei die geschiedene Ehefrau. Dem stehe nicht entgegen, dass sie in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf­ent­halt verfügt habe. Vor dem Finanzgericht (FG) hatte der Kläger Erfolg. Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und wies die Klage ab.

Entscheidend ist hierfür die unionsrechtliche Vereinheitlichung der nationalen Regelungen zur sozialen Sicherheit (Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der ab dem 1. Mai 2010 geltenden VO Nr. 987/2009). Danach ist bei Ansprüchen auf Familienleistungen in grenz­über­schreitenden Sachverhalten die gesamte Familie so zu be­han­deln, als würde sie in dem Mitgliedstaat wohnen, dessen Fa­mi­lien­leistungen beansprucht werden (Wohnsitzfiktion).

Da das deutsche Kindergeldrecht nicht danach unterscheidet, ob die Eltern eines Kindes verheiratet sind oder nicht, ist auch die geschiedene Ehefrau Familienangehörige. Somit gilt sie als mit dem Kind in Deutschland lebend. Damit steht ihr der Anspruch auf Kindergeld zu, da nach deutschem Recht das Kindergeld bei getrennt lebenden Eltern vorrangig an den Elternteil ausgezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Da der BFH Zweifel hatte, ob das Unionsrecht tatsächlich eine solch weitgehende Fiktion beabsichtigte, richtete er ein Vorab­entscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), in dem der EuGH (Urteil vom 22. Oktober 2015 C-378/14 in der Rechtssache Trapkowski) entschied, dass die Wohnsitzfiktion zu einem Wechsel der persönlichen Anspruchs­berechtigung von dem in Deutschland lebenden Elternteil zu dem im EU-Ausland lebenden anderen Elternteil führen kann. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der im EU-Ausland lebende Elternteil keinen Antrag auf deutsches Kindergeld gestellt hat.

In seinem Urteil folgte der BFH der Beurteilung durch den EuGH. Damit war das Urteil des FG aufzuheben und die Klage des Va­ters abzuweisen. Die Entscheidung des BFH ist von all­ge­mei­ner Bedeutung für Fälle, in denen die Eltern eines Kindes in unter­schiedlichen EU-Staaten leben und in keinem EU-Staat ein ge­mein­sa­mer Haushalt der Eltern und des Kindes besteht. In Bezug auf den Sohn, für den das Kindergeld beansprucht wurde, hat die Familienkasse nunmehr über den Kindergeldanspruch der geschiedenen Ehefrau zu entscheiden.

Inhaltsgleich hat der BFH in einem zweiten Urteil vom 10. März 2016 III R 62/12 entschieden. Hier lebten die beiden Töchter des in Deutschland wohnenden Klägers bei ihrer in Griechenland lebenden Großmutter. Nach deutschem Recht kann ein Anspruch auf Kindergeld auch einem Großelternteil zustehen, der sein Enkelkind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der BFH folgte auch hier dem EuGH-Urteil Trapkowski. Somit war auch hier zu fingieren, dass die Großmutter mit ihren beiden Enkelinnen in Deutschland lebte. Ein Anspruch auf Kindergeld steht somit ihr zu und nicht dem Kläger.

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Eine sofortige Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers ist nicht möglich

22Der BGH hat mit Datum vom 22.06.2016, Aktenzeichen XII ZB 142/15, entschieden, dass die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist.

Die Bestellung eines Prozesspflegers findet gem. § 57 ZPO dann statt, wenn eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden soll, die ohne gesetzlichen Vertreter ist. In diesem Fall hat der Vorsitzende des Prozessgerichtes, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zum Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen. Dieser wird Prozesspfleger genannt.

Im vorliegenden Fall hatte das zuständige Amtsgericht in einem Zugewinnausgleichsverfahren für die Beklagte gem. § 57 ZPO einen Prozesspfleger bestellt, da an der Prozessfähigkeit der Beklagten erhebliche Zweifel bestanden hatten. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hatte das Oberlandesgericht die Prozesspflegschaft aufgehoben. Der Kläger wandte sich hiergegen mit der Rechtsbeschwerde. Diese wurde zugelassen und war erfolgreich. Grund hierfür ist, dass die Beschwerde eines Beklagten gegen die Bestellung eines Prozesspflegers unzulässig ist, da es an einem vom Amtsgericht zurückgewiesenen Gesuch im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO fehlt, da dem Antrag nach § 57 ZPO stattgegeben wurde.

Im vorliegenden Fall wurde für das Verfahren noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht, nämlich das FGG, angewandt.

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Gutschrift auf Kapitalkonto II einer Personengesellschaft bedeutet keine Gewährung von Gesellschaftsrechten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 11/16, Pressemitteilung vom 03.02.2016, Urteil vom 29.07.9.2015, Aktenzeichen IV R 15/14

Bringt der Gesellschafter einer Personen­gesellschaft ein Wirtschaftsgut gegen Gut­schrift eines Betrags ausschließlich auf dem sogenannten Kapitalkonto II in die Gesell­schaft ein, ist dieser Vorgang nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juli 2015 IV R 15/14 als Einlage und nicht als entgeltliches Geschäft zu behandeln. Damit hat der BFH eine schon lange streitige Frage geklärt und dabei ausdrücklich der Rechtsauffassung des Bundes­minis­teriums der Finanzen widersprochen.

Im Urteilsfall hatte ein Landwirt den Abbau eines Bodenschatzes auf einem eigenen Grundstück durch eine eigens dafür gegrün­dete Personengesellschaft vorgenommen. Er übertrug das Grundstück aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb auf die Gesellschaft, eine GmbH & Co. KG, und erhielt dafür eine Gut­schrift auf dem Kapitalkonto II. Welchen Anteil der Gesell­schafter am Vermögen der Gesellschaft hatte und welche Gewinnbezugs- und Stimmrechte ihm zustanden, ergab sich allein aus dem Kapitalkonto I. Daraus folgerte der BFH, dass der Gesellschafter keine Gegenleistung für die Einbringung des Grundstücks erhalten habe, auch nicht in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Die Gesellschaft war –gestützt auf veröffentlichte Verwal­tungs­anweisungen– der Meinung, auch das Kapitalkonto II weise Gesellschaftsrechte aus, so dass sie das Grundstück und den Bodenschatz entgeltlich erworben habe und auf die An­schaf­fungskosten des Bodenschatzes bei dessen Abbau Ab­schrei­bun­gen vornehmen könne. Das Finanzamt (FA) teilte zwar die Auffassung, dass ein entgeltlicher Erwerb stattgefunden habe, lehnte aber die Abschreibung aus anderen Gründen ab. Im Ergebnis bestätigte der BFH das FA, stützte die Versagung der Abschreibung aber auf das Fehlen von Anschaffungskosten. Einbringungen in Personengesellschaften gegen Buchung auf einem Gesellschafterkonto sind danach nur dann entgeltliche Vorgänge, wenn ein Kapitalkonto angesprochen wird, das Maßstab für die Anteile des Gesellschafters am Vermögen, am Gewinn oder an den Stimmrechten ist (in der Regel Kapitalkonto I) oder das Forderungen oder Verbindlichkeiten zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ausweist.

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Eine privatschriftliche Vorsorgevollmacht genügt bei Grundstücksverkäufen nicht

Der BGH hat mit Datum vom 03.02.2016, Aktenzeichen XII ZB 307/15 sowie XII ZB 454/15, entschieden, dass die Erteilung einer privatschriftlichen Vorsorgevollmacht bei einer Grundstücksveräußerung nicht ausreichend ist. Für diesen Bereich muss eine Betreuung eingerichtet werden.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Um die Heimkosten der an Demenz leidenden Mutter zu decken, sollte eine Immobilie derselben verkauft werden. Die Tochter wollte dies aufgrund einer wirksamen privatschriftlichen General- und Vorsorgevollmacht durchführen. Da eine privatschriftliche Vollmacht zur Veräußerung von Grundbesitz nicht ausreichend ist, regte die Tochter an, eine Betreuung einzurichten. Hiergegen wandte sich die Schwester der Bevollmächtigten, die den Grundstücksverkauf ablehnte und den Fehlbetrag zu den Heimkosten bezahlen wollte. Das zuständige Betreuungsgericht hat daraufhin eine Betreuung für den Aufgabenkreis der Prüfung und Entscheidung über Verkauf oder Vermietung und Verwaltung der Immobilie sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung eingerichtet. Später fand eine Erweiterung bezüglich des Aufgabenkreises um die Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrer Bevollmächtigten statt, da die Tochter dem Betreuer keine Auskünfte über den tatsächlichen bzw. zu erwartenden Kapitalbedarf der Mutter erteilte. Die Beschwerde der Schwester gegen beide Beschlüsse hat das Landgericht zurückgewiesen.

§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB regelt, dass eine Betreuung dann nicht erforderlich ist, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, da lediglich eine privatschriftliche Vorsorgevollmacht vorliegt. Somit können die Erklärungen über den Verkauf eines Grundstückes nicht in der nach § 29 Abs. 1 GBO erforderlichen Form, nämlich öffentlich beurkundet oder beglaubigt, abgegeben werden. Aufgrund dessen war ein Betreuer zu bestellen, auch wenn die Verkaufsabsicht noch nicht abschließend geklärt war und der Verkauf noch nicht endgültig feststand. Grundsätzlich ist die Anordnung einer Betreuung für bestimmte Aufgabenkreise nur dann möglich, wenn ein konkreter Bedarf besteht. Es soll jedoch genügen, dass der Bedarf jederzeit auftreten kann und für diesen Fall die begründete Besorgnis besteht, dass ohne Betreuung nicht das Notwendige veranlasst wird.

Der BGH sah die Anordnung der Kontrollbetreuung ebenfalls als zulässig an. Dies ergibt sich daraus, dass die Bevollmächtigte der Bitte des Betreuers um Auskunft über das Vermögen und die Einnahmen der Betreuten nicht nachgekommen ist. Ohne diese Kenntnis ist es dem Betreuer jedoch nicht möglich, eine sachgerechte und dem Wohl der Betreuten entsprechende Entscheidung zu treffen. Die mangelnde Kooperation wurde als konkreter Anhaltspunkt dafür gesehen, dass die Bevollmächtigte ihre Generalvollmacht nicht ordnungsgemäß im Interesse der Betreuten ausübt.

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Erstattung unionsrechtlicher Abgaben: Verzinsung ab dem Zeitpunkt ihrer Zahlung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 2/16, Pressemitteilung vom 13.01.2016, Urteil vom 22.09.2015,  Aktenzeichen VII R 32/14

Der VII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 22. September 2015 VII R 32/14 entschieden, dass unionsrechtliche Abgaben, soweit sie zu Unrecht erhoben wurden und dem Abgabepflichtigen deshalb zu erstatten sind, ab dem Zeitpunkt ihrer Zahlung durch den Abgabepflichtigen zu verzinsen sind.

Die Klägerin des Streitfalls ist ein Zucker erzeugendes Unter­nehmen, das für mehrere Wirtschaftsjahre eine auf Unionsrecht beruhende marktordnungsrechtliche Produktionsabgabe zu zah­len hatte. Die der Abgabenerhebung zugrundeliegende unions­rechtliche Verordnung zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor wurde später vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) für nichtig erklärt, weil die Methode der Abga­ben­berechnung zu einer überhöhten Belastung der Zuckererzeuger geführt hat. Der Rat der EU trug diesem EuGH-Urteil Rechnung und erließ eine neue Verordnung, die zu einer für die Klägerin geringeren Produktionsabgabe führte.

Das beklagte Hauptzollamt erstattete daraufhin der Klägerin den zu viel entrichteten Abgabenbetrag und berechnete ab Rechts­hängigkeit, d.h. ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, Zinsen auf diesen Erstattungsbetrag. Die Klägerin verlangte hingegen, Zinsen bereits von dem Tag an zu berechnen, an dem sie die Produktionsabgabe entrichtet hatte.

Das im Streitfall hinsichtlich der Frage der Verzinsung anzu­wen­dende nationale Recht, nämlich die Abgabenordnung, sieht für den Fall, dass Abgaben aufgrund einer gerichtlichen Ent­schei­dung zu erstatten sind, vor, dass der Erstattungsbetrag vom Tag der Rechtshängigkeit an zu verzinsen ist. Allerdings hat der EuGH in einem Urteil vom 18. April 2013 entschieden, das nationale Recht dürfe nicht dazu führen, dass dem Abgabe­pflichtigen eine angemessene Entschädigung für diejenigen Einbußen vorenthalten werde, die er durch eine zu Unrecht gezahlte unionsrechtliche Abgabe erlitten habe. Zinsen auf Erstattungsbeträge müssten deshalb für den Zeitraum be­rechnet werden, in welchem die Mittel dem Abgabepflichtigen nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Der BFH hat keinen Grund gesehen, im Streitfall von dieser EuGH-Rechtsprechung abzuweichen. Für den Fall, dass die Finanzbehörden aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung Abgaben zu erstatten haben, wird daher für die Berechnung der Zinsen auf den Erstattungsbetrag künftig zwischen unions­rechtlichen und nationalen Abgaben zu unterscheiden sein.

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