Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 59/14, Pressemitteilung vom 20.08.2014, Urteile vom 29.04.2014, Aktenzeichen VIII R 9/13, Aktenzeichen VIII R 44/13, Aktenzeichen VIII R 35/13

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit drei Urteilen jeweils vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 44/13 und VIII R 35/13 entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuer­tarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Ein­kom­men­steuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung sind.

In dem Verfahren VIII R 9/13 gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren VIII R 44/13 gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kin­dern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd ver­mieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streit­fall VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kauf­preis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kauf­preis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die jeweiligen Finanzämter be­steuerten die Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommen­steuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Ka­pi­tal­erträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Die jeweiligen Finanzgerichte (FG) hatten sich dieser Auffassung angeschlossen und die Klagen abgewiesen.

Der BFH hat die FG-Urteile aufgehoben und entschieden, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Ka­pi­tal­erträge „einander nahe stehende Personen“ sind. Der ge­setz­liche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetz­gebers jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Er­zielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes per­sön­li­ches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Ab­gel­tung­steuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein Gesamt­be­las­tungs­vor­teil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfte­er­mitt­lung keine Vermögensgemeinschaft begründen.

Siehe auch Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 23/13 und vom 14. Mai 2014 VIII R 31/11

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München

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Steuerberatung, Steuerstrafrecht, strafbefreiende Selbstanzeige, Bilanzrecht, Rechtsbehelfsverfahren, Finanzgerichtsverfahren, Vermögensübertragungen, Erbschaftsteuerrecht

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