Abfindungszahlung an Erbprätendenten als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig

Abfindungszahlung an Erbprätendenten als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 59/16, Pressemitteilung vom 07.09.2016, Urteil vom 15.06.2016, Aktenzeichen II R 24/15

Entrichtet ein Erbe eine Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechts­streits wegen der Erbenstellung, ist diese als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2016 II R 24/15 entschieden.

Im Streitfall hatte die Erblasserin zunächst in einem notariellen Testament die Klägerin und deren Ehemann als Erben zu glei­chen Teilen eingesetzt. Kurz vor ihrem Tod ordnete sie hand­schriftlich an, dass ihr Finanzberater Alleinerbe sein sollte. Der nach dem Tod der Erblasserin vor dem Nachlassgericht geführte Streit um die Erbenstellung endete in einem Vergleich. Darin nahm der Finanzberater seinen Antrag auf Erteilung eines Erb­scheins gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 160.000 € durch die Eheleute zurück. Daraufhin wurde den Eheleuten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der diese als (Mit-)Erben zu gleichen Teilen ausweist. Das Finanzamt setzte gegen die Klä­ge­rin Erbschaftsteuer fest, ohne die anteilige Abfindungszahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zum Abzug zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt.

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Die Abfin­dungs­zahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkung­steuergesetzes abzugsfähig. Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren Zusam­men­hang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Er­werbskosten ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Nach dem Urteil des BFH hängen Kosten, die dem letztendlich be­stimm­ten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung ent­ste­hen, regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen.

Ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit besteht im Übrigen nicht. So steht dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht entgegen, dass beim Zahlungsempfänger kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. Daher verneint der BFH einen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, nach der beim weichenden Erbprätendenten, der eine Ab­fin­dungs­zahlung dafür erhält, dass er die Erbenstellung nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt.

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München

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Steuerberatung, Steuerstrafrecht, strafbefreiende Selbstanzeige, Bilanzrecht, Rechtsbehelfsverfahren, Finanzgerichtsverfahren, Vermögensübertragungen, Erbschaftsteuerrecht

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