Monatsarchiv März 2015

Möglichkeit der Bezugnahme auf maschinenschriftliches Testament

Das OLG Hamburg hat mit Datum vom 18.03.2015, Az. 2 W 5/15, entschieden, dass die Bezugnahme auf ein nicht in Testamentsform abgefasstes Schriftstück unschädlich ist, wenn es lediglich der näheren Erläuterung testamentarischer Bestimmungen dient.

Das maschinenschriftliche Testament ist formunwirksam. Jedoch wurde in einem später erstellten handschriftlichen Testament auf das maschinenschriftliche Testament Bezug genommen. Somit wurde vorliegend der Wille der Erblasserin ermittelt. Dies ge­schieht durch Tes­ta­ments­auslegung. Aufgabe der Tes­ta­ments­auslegung ist es, den u.U. verborgenen Sinn einer tes­ta­men­ta­rischen Verfügung zu ermitteln und zwar auch unter Heran­ziehung von Umständen außerhalb der Testamentsurkunde. Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung. Eine geringfügig andere Formulierung im Testament kann das Ergebnis ver­ändern. Eine sehr geringe Andeutung im Testament genügt.

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Kein Billigkeitserlass bei unionsrechtswidrigem, aber rechtskräftigem Urteil

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 22/15, Pressemitteilung vom 18.03.2015, Urteil vom 21.1.2015,  Aktenzeichen X R 40/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 21. Januar 2015 ent­schieden, es sei weder ermessensfehlerhaft noch verstoße es gegen Unionsrecht, wenn die Finanzverwaltung eine Steuer nicht erstattet, die auf einem zwar unionsrechtswidrigen, aber durch letztinstanzliches Urteil des BFH bestätigten Steuerbescheid beruht.

Das Finanzamt (FA) erkannte Schulgeldzahlungen der Kläger an eine Privatschule in Großbritannien im Jahr 1992 nicht als Son­derausgaben an. Der BFH wies im Jahr 1997 die Revision der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts zurück, ohne die Streitsache dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.

Im September 2007 entschied der EuGH, die Dienst­lei­stungs­freiheit werde verletzt, wenn Schulgeld nur bei Zahlungen an inländische Privatschulen als Sonderausgaben abziehbar sei. Den daraufhin gestellten Antrag der Kläger auf Änderung des Steuer­bescheids 1992 lehnte das FA ab. Klage und Nicht­zu­las­sungs­beschwerde blieben ohne Erfolg. Einen Billigkeitserlass der Ein­kom­men­steuer, die auf der Nichtanerkennung der Schul­geld­zahlungen als Sonderausgaben beruht, hat der BFH im Streitfall verneint.

Bei einem Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen seien die Wertungen des deut­schen Gesetzgebers sowie Unionsrecht zu beachten. Der Bestands- und Rechtskraft komme im deut­schen Verfahrensrecht ein hoher Stellenwert zu. Auch nach Auffassung des EuGH bestehe keine grundsätzliche Ver­pflich­tung, eine unionsrechtswidrige, aber rechtskräftige Entscheidung aufzuheben, selbst wenn die Vorlagepflicht verletzt worden sei. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch das Äquivalenzprinzip sowie den Effektivitätsgrundsatz beachten, d.h. sie haften bei Ver­let­zun­gen gegen das Unionsrecht und müssen derartige Ver­let­zun­gen wie Verstöße gegen nationales Recht behandeln. Bei unions­rechtswidrigen Urteilen haften sie aber nur bei einer offen­kun­di­gen Verletzung des Unions­rechts.

Eine solche hat der BFH im Streitfall verneint. Der BFH habe im Jahr 1997 weder unter offenkundiger Verkennung des Unions­rechts den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit für Bildungsleistungen der Privatschulen zu Unrecht verneint noch offenkundig seine Vorlagepflicht verletzt. Die Weigerung des FA, die Steuern aus Billigkeitsgründen zu erlassen, sei daher nicht ermessensfehlerhaft.

Nach Auffassung des BFH bestand auch keine Veranlassung, im Streitfall ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten. Die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen obliege – auch nach der Rechtsprechung des EuGH – den natio­nalen Gerichten.

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2009 auf die EuGH-Rechtsprechung zu Schulgeldzahlungen reagiert. Seither sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommen­steuer­gesetzes auch Schulgeldzahlungen an Privatschulen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes in einem bestimmten Umfang als Sonderausgaben abziehbar.

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Erbunwürdigkeit bei versuchter Tötung des geschäftsunfähigen Erblassers

Der BGH hat mit Urteil vom 11.03.2015, Akten­zeichen IV ZR 400/14, entschieden, dass auch ein Erbe, der den bereits erhebliche Zeit ge­schäfts­unfähigen Erblasser zu töten versucht und sich damit eines Totschlages in minderschwerem Fall schuldig macht, erbunwürdig im Sinne des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist.

Dies muss jedenfalls dort gelten, wo die Tatbestands­voraus­setzungen der Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB nicht vorliegen, der Erbe kein Verfahren gemäß den §§ 1901 a ff. BGB eingeleitet hat und sich kein Wille des Erblassers ermitteln lässt, dass lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden sollen.

Voraussetzung für die Erbunwürdigkeit gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist die Schuldfähigkeit des Erben.

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Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes bei Darlehen zwischen Ehegatten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 19/15, Pressemitteilung vom 11.03.2015, Urteil vom 28.1.2015, Aktenzeichen VIII R 8/14

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 28. Januar 2015 VIII R 8/14 erstmals entschieden, dass die An­wen­dung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG bei der Gewährung von Darlehen zwischen Ehe­gatten aufgrund eines finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses ausgeschlossen ist.

Der Kläger gewährte seiner Ehefrau fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung und Renovierung einer fremd vermieteten Immobilie. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass die Ehe­frau weder über eigene finanzielle Mittel verfügte noch eine Bank den Erwerb und die Renovierung des Objekts zu 100 % fi­nan­ziert hätte und sie daher auf die Darlehensgewährung durch den Kläger angewiesen war. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge des Klägers mit der tariflichen Ein­kom­men­steuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz sei nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ im Sinne des Gesetzes seien.

Der BFH bestätigte diese Auffassung: Zwar sei bei ver­fas­sungs­kon­former Auslegung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ein lediglich aus der Ehe abgeleitetes persönliches In­ter­esse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen (vgl. Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 35/13 und VIII R 44/13, PM Nr. 59/14). Jedoch sei die Ehefrau bei der Aufnahme der Darlehen von dem Kläger als Darlehensgeber (absolut) finanziell abhängig gewesen, so dass ein Be­herr­schungs­verhältnis vorliege, das gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG zum Ausschluss der Anwendung des gesonderten Tarifs für Kapitaleinkünfte führe.

Der Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes verstößt nach Auf­fassung des BFH in diesem Fall weder gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da er nicht an das persönliche Näheverhältnis der Ehegatten anknüpft, sondern auf der finanziellen Abhängigkeit des Darlehensnehmers vom Darlehensgeber beruht. Die Anwendung des allgemeinen Steuertarifs führt hier zu keiner Ungleichheit, sondern stellt im Hinblick auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durch den Ausschluss von Mitnahmeeffekten eine größere Gleichheit her.

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