Monatsarchiv Juli 2013

Pfeildiagramm stellt kein Testament dar

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 11.02.2013, Akten­zeichen 20 W 542/11, ent­schie­den, dass ein Pfeildiagramm die Vor­aus­set­zungen eines eigenhändig geschriebenen Testaments nicht erfüllt. Es mangele hier bereits an der grundsätzlichen Funktion der Sicherstellung der Echtheit der Erklärung.

Hintergrund hierfür ist, dass nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob das Pfeildiagramm vom Erblasser stammt und ob dieses tatsächlich auch eine testamentarische Verfügung darstellen sollte.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Der Nachweis des Erbrechtes durch Vorlage einer Kopie des Testamentes in Verbindung mit einem Zeugenbeweis ist möglich

Das OLG Naumburg hat mit Beschluss vom 26.07.2013, Az.: 2 Wx 41/12, festgestellt, dass ein Nachweis des Erbrechtes durch Vorlage einer Kopie des Testamentes in Verbindung mit einem Zeugenbeweis möglich ist.

Kann die Originalurkunde nicht mehr beschafft werden, so kann ein gewillkürtes Erbrecht gem. § 2356 Abs. 1 Satz 2 BGB auch durch andere Beweismittel, namentlich durch Vorlage von Kopien eines handschriftlichen Testamentes, aus denen sowohl Inhalt als auch Form der letztwilligen Ver­fü­gung hervorgehen, deren Inhalte durch Zeugenaussagen bestätigt werden, nachgewiesen werden.

Allein der Umstand, dass das Original des Testamentes nicht mehr auffindbar war, lässt nicht mit hinreichender Sicherheit auf einen Widerruf nach § 2255 BGB durch Vernichtung der Originalurkunde dieser gemeinschaftlichen testamentarischen Verfügung schließen. Dies hätte bei dem hier in Rede ste­hen­den gemeinschaftlich errichteten Testament mit wechsel­bezüg­lichen Regelungen durch die Eheleute gemeinschaftlich und bis zum Tod des Erstversterbenden erfolgen müssen.

Anhaltspunkte für eine bewusste Vernichtung der Origi­nal­urkunde, in Abgrenzung zu einem unfreiwilligen Urkunden­verlust, wären von demjenigen vorzutragen und zu be­wei­sen, der sich auf die Unwirksamkeit des Testamentes wegen Vernichtung ausdrücklich oder konkludent beruft.

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Bestattungskosten müssen auch bei völligem Fehlen einer persönlichen Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen getragen werden

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat mit Urteil vom 26.07.2013, Aktenzeichen Au 7 K 13.216, entschieden, dass die Verpflichtete eine durch die Ordnungsbehörde durchgeführte Ersatzvornahme der Bestattung entstandene Kosten ersetzen muss.

Die Klägerin hatte erklärt, dass sie seit über 30 Jahren keinen Kontakt zu ihrem Vater gehabt habe. Das Gericht setzte sich mit der wesentlichen Argumentation der Klägerin nicht auseinander. Es verwies auf die Bestattungspflicht im Interesse einer zügigen Bestattung unabhängig davon, „von welcher Art oder Qualität die Beziehung zwischen dem Verstorbenen und dem bestattungspflichtigen Angehörigen war“.

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Umsatzsteuer: Leistungen von Berufsbetreuern steuerfrei

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 41/13, Pressemitteilung vom 24.07.2013, BFH-Urteil vom 25.04.2013, Aktenzeichen V R 7/11

Gerichtlich bestellte Berufsbetreuer un­ter­liegen mit ihren Leistungen nicht der Umsatzsteuer. Dies hat der Bundes­finanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11).

Die Klägerin war vom Vormundschaftsgericht zur Betreuerin bestellt worden. Grundsätzlich wird die Betreuung ehren­amtlich erbracht; nur ausnahmsweise wird sie entgeltlich ausgeführt, wenn das Gericht bei der Bestellung aus­spricht, dass sie berufsmäßig geführt wird. Das war hier der Fall. Nach nationalem Recht unterliegen die von sog. Berufs­be­treuern erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer. Die Klägerin hatte dagegen geltend gemacht, ihre Leistungen seien nach dem vorrangig zu beachtenden Recht der EU umsatzsteuerfrei.

Der BFH hat die Auffassung der Klägerin bestätigt und die anders lautende Entscheidung des Finanzgerichts auf­ge­ho­ben. Er bejaht eine sich aus dem Unionsrecht ergebende Steuerfreiheit, da die Klägerin zum einen durch ihre Be­treu­ungs­tätigkeit Leistungen erbringt, die eng mit der Sozial­fürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Für solche Leistungen sieht das EU-Recht die Steuerfreiheit vor. Zum anderen bejaht der BFH auch die für die Steuerfreiheit zusätzlich erforderliche Anerkennung als steuerfreier Lei­stungserbringer (sog. „anerkannte Einrichtung“). Sie ergibt sich aus der gerichtlichen Bestellung für die Tätigkeit, aus dem an der Leistung bestehenden Gemeinwohlinteresse sowie daraus, dass gleichartige Leistungen, die durch Betreuungsvereine und sog. Vereinsbetreuer erbracht werden, gleichfalls steuerfrei sind.

Nicht umsatzsteuerfrei sind allerdings Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Der BFH hat die Sache deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Sollte die Klägerin z.B. als Rechts­an­wäl­tin Beratungsleistungen für die von ihr betreuten Personen erbracht haben, hätte sie dafür Umsatzsteuer zu entrichten.

Hinweis: Seit dem 1. Juli 2013 sind Leistungen der Betreuer auch nach nationalen Recht umsatzsteuerfrei (vgl. § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG i.d. Fassung durch das AmtshilfeRLUmsG). Die Neuregelung gilt aber nur für Leistungen, die ab Juli 2013 erbracht werden (Art. 31 Abs. 4 AmtshilfsRLUmsG). Für davor erbrachte Leistungen können sich die Berufsbetreuer auf das Unionsrecht berufen.

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Schenkung an ein Kind bei Weiterschenkung ist keine Zuwendung an das Schwiegerkind

Der BFH hat mit Datum vom 18.07.2013, Az: IIR 37/11, entschieden, dass bei der Über­tra­gung eines Grundstückes durch ein Eltern­teil schenkweise auf ein Kind…

… und der Weiterschenkung unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung des Miteigentumsanteils an einem Grundstück an den Ehegatten eines Kindes, ohne dass das Kind dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung ver­pflichtet ist, schenkungssteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vorliegt.

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Kein Einsichtsrecht für Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten

Der Gläubiger eines Pflichtteilsberechtigten hat nach einer Entscheidung des OLG München vom 17.07.2013, Az: 34 WX 282/13, vor dem Eintritt des Erbfalles regelmäßig kein berechtigtes Interesse, Einsicht in das Grundbuch des Erblassers zu nehmen.

Dies bedeutet in der Praxis, dass auch die Pflichtteils­berechtigten selbst erst nach dem Eintritt des Erbfalles ein berechtigtes Interesse auf Einsicht in das Grundbuch haben.

Zu Lebzeiten des Erblassers ist dieses ausgeschlossen.

Das berechtigte Interesse an der Einsicht von Grundbuch und Grundakten kann mit persönlichen Motiven begründet werden, etwa dem gedeihlichen Zusammenleben innerhalb einer Familie.

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Testierunfähigkeit bei Demenz vom Alzheimertypus

Das OLG München hat mit Datum vom 17.07.2013, Az: 3 O 4789/09 entschieden:
  1. Die Frage, ob eine Demenz leichtgradig, mittelschwer oder schwer ist, muss im Hinblick auf die 4 verschiedenen Dimensionen der Demenz (Gedächtnisleistungen, kognitive Leistungen, Fähigkeit zu vernünftigen Erwägungen, Form­barkeit) beurteilt werden.
  2. Eine mittelschwere Demenz vom Alzheimertypus ist den „krankhaften Störungen der Geistestätigkeit“ im Sinne von § 2229 Abs. 4 BGB zuzuordnen.
  3. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Person, die an Altersdemenz mittleren Grades mit Phasen der Ver­wirrtheit und Orientierungslosigkeit leidet, nicht wirksam testieren kann.
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Umsatzsteuer: Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 40/13, Pressemitteilung vom 17.07.2013, BFH-Urteil vom 11.04.2013,  Aktenzeichen V R 29/10

Wer sich als Unternehmer gegen den Verdacht zur Wehr setzt, im Zusammen­hang mit seiner unternehmerischen Tä­tig­keit eine Straftat begangen zu haben, kann die an seinen Strafverteidiger ent­richtete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. April 2013 (V R 29/10) entschieden.

Der Kläger, ein Bauunternehmer, hatte mutmaßlich eine Zuwendung an einen Entscheidungsträger eines potentiellen Auftraggebers geleistet, um einen Bauauftrag zu erlangen. Gegen ihn und einen seiner Angestellten wurden straf­recht­liche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Kläger und sein Angestellter ließen sich durch Strafverteidiger vertreten. Das Bauunternehmen machte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen beider Strafverteidiger geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Der BFH hat nun die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Abziehen kann der Unternehmer die Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer „für sein Unternehmen“ ausgeführt worden sind. Streitig war, ob die Strafverteidiger Leistungen für das Unternehmen oder für die Privatpersonen erbracht hatten. Deswegen hatte der BFH in derselben Sache zuvor bei dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angefragt, ob es für den Vorsteuerabzug auf den maß­geb­lichen Entstehungsgrund der Aufwendungen ankomme, dass nämlich die mutmaßliche Straftat im Interesse des Unter­neh­mens begangen wurde oder ob das unmittelbare Ziel der erbrachten Leistung, eine Bestrafung zu verhindern, ent­schei­dend sei (BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10 (BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441).

Letzteres ist nach dem in diesem Streitfall ergangenen EuGH-Urteil vom 21. Februar 2013 C-104/12 zutreffend. Lei­stun­gen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sank­tio­nen gegen natürliche Personen zu verhindern, die Ge­schäfts­führer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen danach kein Recht auf Vorsteuerabzug. Dem hat sich der BFH in dem jetzt veröffentlichten Urteil angeschlossen.

Die Vorlage an den EuGH beruhte auf der europarechtlichen Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts und der sich hieraus ergebenden Verpflichtung zur sog. richtlinienkonformen Auslegung.

Hinweis: Die Entscheidung hat nur für die Umsatzsteuer Be­deu­tung. Die ertragssteuerrechtliche Frage, ob Auf­wen­dun­gen für eine Strafverteidigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein können, wird davon nicht berührt.

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