Monatsarchiv November 2011

Keine Sittenwidrigkeit bei Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungs­beziehers

In der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 19.01.2011, IV ZR 7/10, verneint dieser die Sitten­widrigkeit bei einem Pflichtteils­verzicht oder einer Erbausschlagung durch einen behinderten Empfänger von Sozialhilfe.

Dies stützt er u.a. auf die verfassungsrechtliche Figur einer negativen Erbfreiheit. Die Entscheidung stellt klar, dass die grundsätzliche Ablehnungsmöglichkeit gegenüber Zuwen­dungen sowohl für die Erbenstellung als auch für den Erwerb von Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen gelten muss.

Dagegen wurde höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob sich die zur Rechtsstellung eines behinderten Erben oder Pflichtteilsberechtigten entwickelten Grundsätze auch auf den Pflichtteilsverzicht oder eine Ausschlagung durch einen anderen nicht behinderten Sozialhilfeempfänger, insbesondere einem Hartz IV-Empfänger, übertragen lassen.

Sollten Sie in einer vergleichbaren Situation weitere Infor­mationen wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Möglichkeiten der Absiche­rung des Überlebenden bei einer nichtehelichen Lebens­gemeinschaft

Für die nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht kein gesetzliches Erbrecht im BGB. Dies hat zur Folge, dass der überlebende Partner keine gesetzlichen Ansprüche nach dem Tode des Erstversterbenden hat. Somit steht ihm weder ein Erb- noch ein Pflichtteilsrecht zu.
Aufgrund dessen ist es dringend anzuraten, eine letztwillige Verfügung zu treffen, damit der Überlebende der nicht­ehelichen Lebensgemeinschaft abgesichert ist.

Weit verbreitet ist der Irrtum, dass eine letztwillige Ver­fügung in Form eines gemeinschaftlichen Testaments mit wechselseitiger Bindung möglich ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das gemeinschaftliche Testament bleibt ausdrücklich gemäß § 2265 BGB Ehegatten vorbehalten. Ein solch errichtetes Testament wäre unwirksam.
Daher bleiben folgende Möglichkeiten:

  • Die Partner von Lebensgemeinschaften können privat­schriftliche und notarielle Einzeltestamente errichten. Hat einer der Lebenspartner keine letztwillige Verfügung erlassen, wird er von seinen Verwandten als gesetzliche Erben beerbt.
  • Der sicherste Weg der Absicherung des nichtehelichen Lebenspartners liegt im Abschluss eines Erbvertrages, der jedoch gemäß § 2276 BGB notariell zu beurkunden ist. In diesem Erbvertrag können ebenfalls einseitige Verfügungen, die auch durch Testament angeordnet werden können, aufgenommen werden.
  • Dies gilt insbesondere für Vermächtnisse und Auflagen, die Anordnung der Testamentsvollstreckung, die Pflichtteils­entziehung, das Treffen von Teilungsanordnungen, die Ver­einbarung von Rücktrittsrechten sowie die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft.
  • Weiterhin sollte in dem Erbvertrag klargestellt werden, was das Motiv für die Einsetzung des anderen Partners zum Alleinerben ist. Ansonsten könnte versucht werden, den Erbvertrag aufgrund Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB bei gegenseitiger Erbeinsetzung anzufechten.
  • Weiterhin sollte in einen Erbvertrag aufgenommen werden, dass die erbrechtlichen Ansprüche des überlebenden Partners nur dann bestehen sollen, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft beim Erbfall auch noch Bestand hat. Ebenfalls ist es zu empfehlen, jedem Lebenspartner erbvertraglich ein einseitiges Rücktrittsrecht einzuräumen.

Gerne stehen wir Ihnen für eine Beratung bezüglich der Aus­gestaltung eines Erbvertrages bei nichtehelichen Lebens­gemeinschaften zur Verfügung.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Vorweggenommene Erbfolge als Veräußerung im Sinn des § 5 ErbbauRG

Beschluss vom 25.11.2011 OLG Hamm

Als Veräußerung im Sinne des § 5 ErbbauRG ist auch die Übertragung des Erbbaurechts im Wege vorweg­genommener Erbfolge zu behandeln.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Bei der Feststellung der Vaterschaft nach einem Verstorbenen ist die Mit­wirkung eines Abkömmlings zumutbar

Das OLG München hat mit Datum vom 27.06.2011, Az. 33 UF 942/11, festgestellt, dass die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Vaterschaft eines Kindes nach Versterben des Vaters angeordnet werden kann. Die Mitwirkungs­handlung eines weiteren Abkömmlings sei nicht unzumutbar.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es zu möglichen negativen finanziellen Auswirkungen nach der Vater­schafts­feststellung kommen wird, z.B. in Form eines geschmälerten Pflichtteilsanspruches gegenüber den Erben.

Der Abkömmling kann auch nicht einwenden, dass der volljährige Antragsteller das Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft trotz dessen Möglichkeit aufgrund familiärer Rücksicht nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers eingeleitet hat.

Somit wurde festgestellt, dass selbst vor dem Hintergrund, dass finanzielle Einbußen im Raum stehen, ein Abkömmling bei der Feststellung der Vaterschaft nach dem Tod des Vaters mitwirken muss.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Bundesfinanzhof (BFH) prüft Verfassungsmäßigkeit des seit 1.1.2009 geltenden Erbschaft- und Schenkungs­steuerrechts

In dem Verfahren II R 9/11 überprüft der Bundes­finanzhof (BFH) die Vereinbarkeit des neuen Erbschaft- und Schen­kungs­steuer­rechts mit dem verfassungs­rechtlichen Gleichheits­grundsatz.

Folgende Gesichtspunkte kommen zum Tragen:

  1. Verfassungsmäßigkeit der Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (Fremde) bei Erwerbs­vorgängen im Jahr 2009.
  2. Verfassungsmäßigkeit der Begünstigung von Betriebs­vermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und von Anteilen an Kapitalgesellschaften.

Mit Beschluss vom 05.10.2011 hat der BFH nunmehr das Bundesministerium der Finanzen aufgefordert, dem Verfahren beizutreten.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Zur Steuerbefreiung nach dem §§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, 15, 16 ErbStG für in Haushaltsgemeinschaft lebende Geschwister

Beschluss vom 16.11.2011 FG Köln

Die Gleichbehandlung von Geschwistern mit dem in Steuerklasse 1 erfassten Personenkreis gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG, insbesondere im Hinblick auf die vom ErbStG in neuerer Zeit begünstigte eingetragene Lebenspartnerschaft, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zwingend geboten.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Vollmacht besteht nach Tod unabhängig von einer Testamentsvollstreckung weiter

Beschluss vom 15.11.2011 OLG München

Eine transmortale Vollmacht kann Befug­nisse verleihen, die selbständig neben diejenigen des Testamentsvollstreckers treten. Auf die zeitliche Reihenfolge von Vollmachts- und Testamentserrichtung kommt es nicht an.

Die Bezeichnung einer Vollmacht als Generalvollmacht in Vermögensangelegenheiten lässt auf den Willen schließen, eine Vertretung im weitest möglichen Umfang zu gewähr­leisten, sobald Vermögensangelegenheiten betroffen sind. Der Befugnis des Bevollmächtigten zur Erfüllung eines Vermächtnisses steht nicht der Umstand entgegen, dass auch der Testamentsvollstrecker zur Vermächtniserfüllung befugt wäre.

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Anspruch auf Erteilung einer Abschrift des Erbscheins für beurkundende Notare

Beschluss vom 08.11.2011 OLG Saarbrücken

Die beurkundende Notarin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Abschrift des von ihr für ihren Mandanten beantragten und ausgestellten nur der Verfügung über Grundstücke oder im Grundbuch eingetragenen Rechte oder zur Berichtigung des Grundbuchs dienenden Erbscheins.

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Einstweilige Sicherstellung von Erbscheinsausfertigungen

Beschluss vom 07.11.2011 Saarländisches OLG

Gemäß § 49 Abs. 1, Abs. 2 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach dem für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vor­schriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

Sowohl die Sicherung eines bestehenden Zustandes als auch die vorläufige Regelung können die Maßnahme betreffen.

Die Sicherstellung von Erbscheinsausfertigungen ist eine hiervon gedeckte vorläufige Maßnahme und das typische Instrument zum Schutz der Rechte des potentiellen wirklichen Erben im Verfahren der Erbscheinseinziehung.

 Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Sicherstellung eines Erbscheins von Amts wegen

Beschluss vom 07.11.2011 OLG Saarbrücken

Das Nachlassgericht kann im Wege der einstweiligen Anordnung von Amts we­gen die Sicherstellung eines Erbscheins anordnen, wenn sich objektive Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Erblasser entgegen der bisher bekannten Tat­sachen möglicherweise ein erbberechtigtes Kind gehabt hat.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.