Fehlgeschlagene Amnestieerklärung

Die nachfolgenden Informationen wurden von Rechtsanwalt Michael Hans zusammengestellt.

Unsere Rechtsinformationen behandeln nur grundlegende Aspekte eines Gebietes. Im Einzelfall ist jedoch eine fachlich fundierte Beratung unbedingt erforderlich!

Fehlgeschlagene Amnestieerklärung?

Amnestiegesetz, Steueramnestie, Strafbefreiungsgesetz, Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit

Das Amnestiegesetz (auch Strafbefreiungsgesetz, Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG, Steueramnestie-Gesetz oder Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit genannt) trat am 23.12.2003 in Kraft. Es galt vom 01.01.2004 bis zum 31.03.2005. Dieses Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit, das Amnestiegesetz, beinhaltete eine große Chance für große und kleine Steuersünder, wieder steuerehrlich zu werden, ohne Bestrafung und mit wenig Nachzahlung.

Die Rückführung von Geld und Kapital aus dem Ausland ins Inland war keine Voraussetzung für die Amnestie. Tatsächlich musste nur ein selbst errechneter pauschaler Betrag mit einem pauschalen Steuersatz vom Steuerpflichtigen multi- pliziert werden. Dieser dann selbst errechnete Betrag musste per persönlich unterschriebener Amnestieerklärung auf einem amtlichen Formular dem Finanzamt vorgelegt werden und innerhalb von zehn Tagen dann auch tatsächlich bezahlt sein. So einfach stellte sich das dar. Mancher Steuerehrliche wurde neidisch auf die, die in den vergangenen Jahren Steuern hinterzogen haben. Denn die Pauschalsteuer war meist nur ein Bruchteil der üblicherweise zu zahlenden Steuer.

Im Einzelnen:

Es ging um Steuerhinterziehungen in den Jahren von 1993 bis 2002 (und nicht nur bis 2001 wie ursprünglich geplant), die vor dem 17.10.2003 begangen worden sind. Die Amnestie betraf die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Vermögensteuer, Gewerbesteuer, Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer* und Abzugsteuern (im Wesentlichen die abzuführende Lohnsteuer).

Und so funktionierte es:

  • Einkommensteuer und Körperschaftsteuer:
    Der Steuerpflichtige errechnete zunächst pro Kalenderjahr die bisher nicht angegebenen Bruttoeinnahmen bei den verschiedenen Einkunftsarten, z.B. Gewerbeeinkünfte oder Mieteinkünfte oder Zinseinkünfte. 60% aus der Summe all dieser Einkünfte aus allen Jahren waren die Bemessungs- grundlage für die pauschale Steuer. Betriebsausgaben oder Werbungskosten spielten also keine Rolle, es sei denn, gerade solche waren zu Unrecht angesetzt worden. Für diesen Fall waren 100% dieser Betriebsausgaben oder Werbungskosten als Bemessungsgrundlage zu nehmen.
  • Andere Steuerarten:
    Für die Gewerbesteuer betrug die Bemessungsgrundlage 10% der nicht angegebenen Betriebseinnahmen. Zu Unrecht angesetzte Betriebsausgaben spielten hier, von seltenen NUR gewerbesteuerlich wirksamen Ausgaben abgesehen, keine Rolle mehr.
    Bei der Umsatzsteuer betrug sie 30% des nicht angegebenen Umsatzes und 200% einer zu Unrecht angesetzten Vorsteuer.
    Schließlich waren für den Fall der hinterzogenen Erbschaft- und Schenkungsteuer 20% des erhaltenen Wertes anzusetzen.
    Die Vermögensteuer hatte die Bemessungsgrundlage Null %.

Die Summe all dieser Bemessungsgrundlagen für alle Jahre war nun mit dem pauschalen Steuersatz von 35% zu multiplizieren (bis 31.12.04 waren es sogar nur 25%).

Das Ergebnis dieser Rechnung ergab die geschuldete Steuer. Sie war sofort zu zahlen und musste innerhalb einer strengen Frist von 10 Tagen nach der Amnestie-Erklärung, spätestens aber zum 31.3.05, beim Finanzamt eingegangen sein. Anderenfalls gab es normale Strafverfahren und Steuerfestsetzungen. Eine Fristverlängerung war nicht möglich, allenfalls eine Wiedereinsetzung bei unverschuldeter Fristversäumnis.

Die Erklärung war auf einem amtlichen Formular abzugeben, das gemäß dem Gesetzestext besonderen Platz für die Unterscheidung nach einzelnen Kalenderjahren und Lebens- sachverhalten lässt. Naturgemäß waren die angegebenen Beträge wegen der verschiedenen Prozentsätze für die Berechnung der Bemessungsgrundlage auch zu differen- zieren. Im Formular gab es hierfür die Überschrift „Lebenssachverhalt“. Jedenfalls aber waren individualisier- bare Angaben in Einzelheiten nicht erforderlich. Es waren also keine Geschäftspartner anzugeben, bei Bankinstituten genügten Land und Name. Eine Kontrolle durch das Finanzamt ist kaum möglich. Sie ist dem Finanzamt auch nicht erlaubt! Soweit das Finanzamt allerdings späterhin aus anderen Quellen Kenntnisse erlangt, muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass seine Amnestie-Erklärung diesbezüglich vollständig ist. Individualisierbare Angaben könnten also, obwohl hier nicht erforderlich, später gegebenenfalls sehr nützlich sein. Der Nachweis kann aber in jeder Form geführt werden, z.B. durch Hinterlegung von Unterlagen, Kopien oder Vermerken beim Steuerfachanwalt.

Das Formular musste persönlich unterschrieben werden, die Unterschrift z.B. des Steuerberaters genügte nicht.

Ergebnis:

Keine Strafe und keine weitere Steuerschuld, auch nicht für eventuelle Schwarzlöhne. Eventuell geschuldete Sozial- versicherungsbeiträge werden mangels Informations- möglichkeiten seltener erhoben werden können.
Es sind sogar alle an der Steuerhinterziehung Beteiligten amnestiert, auch wenn sie nichts davon erfahren, und auch der Ehegatte und der Mitschuldner (Gesamtschuldner) der Steuer z.B. Arbeitgeber/Arbeitnehmer, auch der Miterbe usw. Erklärungen einer GmbH amnestieren auch die Verdeckte Gewinnausschüttung und den Geschäftsführer bei seiner Einkommensteuer. Dies gilt aber nicht für die umgekehrte Richtung.

Grenzen der Strafbefreiungsmöglichkeit:

Nach dem 31.03.2005 endeten die Segnungen des Amnestiegesetzes.

Die Strafbefreiung erstreckte sich nur auf die Hinterziehung der angegebenen Steuerarten, auch auf die Lohnsteuer für Schwarzlöhne, nicht auf andere Steuerstraftatenbestände (z.B. Zollvergehen) oder auf andere Straftatbestände, z.B. hinsichtlich Sozialversicherungsbeiträge (aber Mangel der Kontrolle, s.o.).

Die Strafbefreiung und die Abgeltung nach dem Amnestie- gesetz war gesperrt, d.h. nicht mehr möglich, wenn bisher schon eine sogenannte Strafbefreiende Selbstanzeige abgegeben worden war oder sonst unzutreffende frühere Angaben bereits berichtigt worden waren. Das Amnestie- gesetz war also nur etwas für noch „amtierende“ Steuer- hinterzieher.
Allerdings durfte auch die Tat noch nicht für den Steuer- hinterzieher erkennbar von Außenstehenden entdeckt sein, eine Mitteilung über die Einleitung eines Ermittlungs- verfahrens durfte noch nicht im Haus sein und ein Betriebs- prüfer durfte noch nicht erschienen sein. Sobald also auch nur eines dieser drei Ereignisse eingetreten war, konnte ebenfalls nicht mehr nach dem Amnestiegesetz verfahren werden.

Die Zeit für die Amnestieerklärung ist unwiderruflich am 31.3.2004 abgelaufen. Allerdings sind eine ganze Reihe von Verfahren notleidend und reparaturbedürftig. So kann z.B. eine Umdeutung in eine Strafbefreiende Selbstanzeige helfen, wenn Formfehler vorliegen.

Downloads

Gesetzestext StraBEG (Strafbefreiungserklärungsgesetz)
Vordrucke zur Strafbefreiungserklärung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 3.2.2004 ein
28-seitiges Merkblatt heraus- gegeben, dessen Text allerdings eher etwas für Fachleute ist. Außerdem wurden am 20.7.2004 ergänzende Informationen (wiederum ergänzt am 16.09.2004) mit einem Fragen- und Antwortkatalog veröffentlicht. Damit werden inzwischen weiter aufgetretene Zweifelsfälle geklärt.

Merkblatt des BMF vom 03.02.2004 zum StraBEG
Ergänzende Informationen des BMF vom 20.07.2004 und 16.09.2004 zum StraBEG