Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 78/14, Pressemitteilung vom 26.11.2014, Urteil vom 15.07.2014, Aktenzeichen X R 24/12
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Juli 2014 X R 24/12 Grundsätze zur Beurteilung von Fallgestaltungen aufgestellt, in denen ein Pkw, der einem Ehegatten gehört, von beiden Ehegatten in ihrem jeweiligen Betrieb genutzt wird.
Im Streitfall war der Ehemann Eigentümer eines Pkw, der zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Er zog daher sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben ab und versteuerte die private Pkw-Nutzung pauschal mit monatlich 1 % des Brutto-Listenpreises (sog. „1 %-Regelung“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes). Die Ehefrau führte ebenfalls einen kleinen Betrieb. Sie hatte keinen eigenen Pkw, sondern nutzte für ihre Betriebsfahrten den Pkw des Ehemanns. An den entstehenden Pkw-Kosten beteiligte sie sich nicht. Gleichwohl setzte sie einkommensteuerlich einen Pauschalbetrag von 0,30 €/km als Betriebsausgabe ab.
Das Finanzamt hat diesen Pauschalbetrag nicht zum Abzug zugelassen, was der BFH nunmehr bestätigt hat. Betriebsausgaben setzen das Vorhandensein von „Aufwendungen“ voraus. An solchen (eigenen) Aufwendungen fehlt es aber, wenn der Nutzer eines Pkw für die Nutzung keinerlei Kosten tragen muss.
Der X. Senat hat darüber hinaus klargestellt, dass das Besteuerungssystem in dieser Frage insgesamt ausgewogen ist: Der Ehemann als Eigentümer des Fahrzeugs kann sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Die zusätzliche Nutzung des Wagens durch die Ehefrau löst bei ihm keine Einkommensteuer aus, weil diese Nutzung bereits mit dem –ohnehin durchgeführten– Pauschalansatz im Rahmen der 1 %-Regelung abgegolten ist. Im Gegenzug kann die Ehefrau für ihre Pkw-Nutzung keine eigenen Betriebsausgaben geltend machen. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, da ein nochmaliger Abzug bei der Ehefrau angesichts des bereits dem Ehemann gewährten vollen Kostenabzugs zu einer doppelten steuermindernden Auswirkung derselben Aufwendungen führen würde.
Grabpflegekosten hingegen gehören nicht zu den Kosten einer Beerdigung im Sinne von § 1968 BGB. Die Beerdigung ist mit der erstmaligen Herstellung der Grabstätte abgeschlossen. Dies impliziert, dass die Grabpflege daher nicht auf einer Rechtspflicht des Erben beruht. Es handelt sich hierbei um eine sittliche Verpflichtung der nahen Angehörigen. Dem steht auch nicht die erbschaftssteuerrechtliche Abzugsfähigkeit der Grabpflegekosten entgegen. Voraussetzung für diese Abziehbarkeit ist nicht, dass eine rechtliche Verpflichtung des Erben zur Kostentragung vorliegt.
Die im Jahr 1944 geborene und in der früheren DDR aufgewachsene Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der 2011 verstorbene S. ihr Vater sei. Die Antragstellerin hat behauptet, dass S. in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit ihrer Mutter gehabt habe. Diese habe ihr an ihrem 18. Geburtstag die Vaterschaft von S. offenbart. Ihre Mutter habe sie in den Nachkriegsjahren zu der Familie S. in Westdeutschland reisen lassen, wo sie engen Kontakt zu ihrer „S.-Oma“ gehabt habe. Bei einem späteren Treffen mit S. sei dieser selbstverständlich davon ausgegangen, ihr Vater zu sein.
Das Amtsgericht hat die Anträge der Antragstellerin, die Leiche von S. zu exhumieren, eine Gewebeprobe zu entnehmen und die Vaterschaft festzustellen, zurückgewiesen. Auf ihre Beschwerde hat das Oberlandesgericht die Exhumierung der Leiche zum Zwecke der Erstellung eines DNA-Abstammungsgutachtens angeordnet. Der eheliche Sohn von S. hat die Einwilligung in die Exhumierung und Gewebeprobenentnahme verweigert. Mit einem Zwischenbeschluss hat das Oberlandesgericht diese Weigerung für unberechtigt erklärt. Hiergegen wendet sich der Sohn des Verstorbenen mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Die Rechtsbeschwerde blieb erfolglos. Der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft ist zulässig, weil die Angaben der Antragstellerin ausreichende Anhaltspunkte für eine Vaterschaft des S. enthalten, ihre Behauptung also nicht ins Blaue hinein erfolgt ist. Die Exhumierung ist auch deshalb erforderlich, weil sich der Sohn des S. geweigert hat, eigenes DNA-Material für die Begutachtung zur Verfügung zu stellen.
Dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung ist gegenüber der Totenruhe des Verstorbenen grundsätzlich der Vorrang einzuräumen. Sowohl nach der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch nach dem Grundgesetz kommt dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung besondere Bedeutung zu. Sofern im Einzelfall durch die Untersuchung eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen droht und damit das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurückzutreten hat, kann dem im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung des entsprechend anzuwendenden § 178 Abs. 1 FamFG hinreichend Rechnung getragen werden. Solche besonderen Gründe, die gegen eine Exhumierung und eine Begutachtung sprechen könnten, lagen im vorliegenden Fall nicht vor.
Das Interesse der Antragstellerin an der Feststellung der Vaterschaft wird nicht dadurch geschmälert, dass sie bereits seit langer Zeit über die mögliche Vaterschaft des S. informiert gewesen war bzw. keine Zweifel mehr an seiner Vaterschaft hatte. Ihr Interesse ist auch deswegen nicht geringer zu bewerten, weil sie damit vor allem die Geltendmachung eines Erbrechts verfolgt. Das Wissen um die eigene Herkunft ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Daran ändert nichts, dass im Einzelfall bei der Klärung der Abstammungsfrage vermögensrechtliche Interessen im Vordergrund stehen können. Zudem stellt die Teilhabe an dem väterlichen Erbe ein legitimes Interesse des leiblichen Kindes dar.
Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.
Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 166/2014
Aktenzeichen: XII ZB 20/14
Beschluss vom 29. Oktober 2014
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Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 75/14, Pressemitteilung vom 12.11.2014, Urteil vom 14.05.2014, Aktenzeichen VIII R 18/11
Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Berufstätigkeit eines Politikberaters als freiberuflich oder als gewerblich einzustufen ist.
Das Berufsbild eines Politikberaters ist gesetzlich nicht normiert. In der Praxis kann die unter dieser Berufsbezeichnung ausgeübte Tätigkeit unterschiedlicher Art sein und von der als Lobbyismus bezeichneten Interessenvertretung von Firmen und Verbänden im parlamentarischen Umfeld über gutachtliche Tätigkeit für Parteien, Politiker und andere politische Akteure bis hin zu persönlicher Zuarbeit reichen. Im Streitfall bezeichnete sich der Kläger, der ein Magisterstudium in den Fächern Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft und neuere Geschichte abgeschlossen hatte, als „Politikberater für Gesetzgebung“. Er umschrieb seine konkrete Tätigkeit auch als „begleitender Berichterstatter zum Gesetzgebungsverfahren“ und als eine Art „wissenschaftlicher Parlamentskorrespondent“. Seine Geschäftspartner waren ein Verband, Wirtschaftsunternehmen und einige Anwaltskanzleien. Seine Tätigkeit bestand vor allem darin, seine Auftraggeber schriftlich über die Hintergründe und den aktuellen Stand laufender Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren in einem thematisch begrenzten Bereich (u.a. Umweltschutzrecht) zu informieren.
Der BFH konnte sich der Auffassung des Klägers nicht anschließen, dass diese Berufstätigkeit freiberuflich sei. Nach den vom BFH zu Grunde gelegten Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung war sie weder als wissenschaftlich noch als schriftstellerisch zu qualifizieren noch entsprach sie dem Berufsbild eines Journalisten und war diesem auch nicht ähnlich, weil sich seine Ausarbeitungen nicht an die Öffentlichkeit richteten.
Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 73/14, Pressemitteilung vom 05.11.2014, Beschlüsse vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 2/12, Aktenzeichen VI R 8/12
Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
1. In den insgesamt sechs Streitfällen, die zu den Vorlagen an das BVerfG führten, hatten Steuerpflichtige Ausbildungen zum Flugzeugführer auf eigene Kosten (rd. 70.000 €) absolviert und waren danach als angestellte Berufspiloten für Fluggesellschaften tätig; in anderen Fällen hatten Steuerpflichtige Berufsausbildungen an Universitäten oder Fachhochschulen absolviert und waren danach auf dieser Grundlage beruflich tätig. Die Steuerpflichtigen hatten ihre Aufwendungen für die Berufsausbildung jeweils als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht und die Feststellung entsprechend vortragsfähiger Verluste begehrt, um diese dann in den folgenden Jahren mit ihren aus der Berufstätigkeit erzielten Einkünften verrechnen zu können. Dem stand in allen Streitfällen allerdings § 9 Abs. 6 EStG entgegen. Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 7. Dezember 2011 rückwirkend ab 2004 eingeführt; seitdem sind Aufwendungen für die erste Berufsausbildung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
2. Nach Auffassung des BFH seien Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Denn sie dienten der Erzielung einkommensteuerpflichtiger Einkünfte. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.
Berufsausbildungskosten stellten schließlich auch keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Diese Aufwendungen seien deshalb, so der BFH, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht entsprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonderausgabenabzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € in Betracht komme. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Auszubildenden und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Einkünfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere. Denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungskostenabzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten.
Dagegen folgte der BFH nicht den Revisionsvorbringen, dass die rückwirkende Anwendung des Abzugsverbots auf das Jahr 2004 verfassungswidrig sei. Denn insoweit sei die Rückwirkung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausnahmsweise zulässig.