Monatsarchiv September 2014

Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nicht verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 65/14, Pressemitteilung vom 24.09.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen IX R 31/13

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % pro Monat (6 % pro Jahr) für Zeit­räume bis März 2011 nicht für ver­fas­sungs­widrig (Urteil vom 1. Juli 2014 IX R 31/13). Er hat deshalb davon abgesehen, dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht (BVerfG) die Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zur konkreten Normenkontrolle vorzulegen.

Die Kläger hatten im Jahre 2004 erwirkt, dass ihr Einkom­men­steuerbescheid für 2002 teilweise von der Vollziehung aus­ge­setzt wurde. Streitig war, ob der Gewinn aus der Ver­äußerung einer Eigentumswohnung teilweise steuerfrei war. Nachdem das BVerfG am 7. Juli 2010 (Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76) entschieden hatte, die Verlängerung der sog. Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre sei teilweise verfassungswidrig und nichtig, behandelte das Finanzamt (FA) nur noch einen Teil des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer entspre­chend niedriger fest. Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) wurde aufgehoben. Für den Zeitraum der AdV vom 11. No­vember 2004 bis zum 21. März 2011 (76 Monate) setzte das FA entsprechend der gesetzlichen Regelung Zinsen in Höhe von 6.023 € fest. Die Kläger hielten dies für ver­fas­sungs­widrig, hatten mit ihrer Auffassung aber vor dem Finanz­gericht keinen Erfolg.

Der BFH hat die Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG hinsichtlich der gesetzlich festgelegten Zinshöhe (0,5 % pro Monat) verneint. Er war nicht davon überzeugt, dass der Gesetzgeber im Zeitraum bis zum März 2011 von Verfassungs wegen (schon) dazu verpflichtet gewesen sei, die Höhe des gesetzlichen Zinses an das niedrige Marktzinsniveau für Geldanlagen anzupas­sen. Zum einen sei der gesetzliche Zinssatz nicht nur mit den am Markt erzielbaren Anlagezinsen zu vergleichen (Ver­wen­dung von Kapital), sondern auch mit den für die Inan­spruch­nahme von Darlehen zu zahlenden Zinsen (Finanzierung von Steuernachzahlungen). Zum andern hätte sich erst nach dem Zeitraum, der im Streitfall zur Beurteilung stand, die Zinsen dauerhaft auf niedrigem Niveau stabilisiert. Deshalb bedurfte es noch keiner Entscheidung des BFH, ob sich die wirt­schaft­lichen Verhältnisse in der Folgezeit so einschneidend ge­än­dert haben, dass die Grundlage der gesetzgeberischen Ent­scheidung durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt worden sind.

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Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 64/14, Pressemitteilung vom 17.09.2014, Urteil vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 42/13

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2014 entschieden, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 des Ein­kom­mensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuer­pflich­ti­gen zwangsläufig größere Aufwendungen als der über­wie­gen­den Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Ein­kom­mens­verhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall leidet die verheiratete Klägerin unter Multipler Sklerose und ist gehbehindert (Grad der Behinderung 80). Deshalb errichteten sie und ihr Ehemann nach einer fach­kundigen Beratung einen behindertengerecht gestalteten eingeschossigen Bungalow. Dieser weist gegenüber einem Bungalow, der ohne Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin hätte gebaut werden können, eine um 45,5 qm größere Grundfläche auf. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks in Höhe von 13.195,29 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung ver­geblich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG geltend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht dagegen statt.

Auf die Revision des Finanzamts hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung nun aufgehoben und die Klage abge­wiesen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds sind zwar in der Regel aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehr­kosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behin­der­ten­gerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück zählen nach Auffassung des BFH hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belas­tung gemäß § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufig­keit. Anders als Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts, sind diese Mehrkosten nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohn­flächenbedarf) des Steuerpflichtigen.

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