Monatsarchiv April 2014

Steuerbare Einkünfte des Anlegers im Rahmen eines Schneeballsystems

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 33/14, Pressemitteilung vom 30.04.2014, Urteil vom 11.02.2014, Aktenzeichen VIII R 25/12

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12 hat der VIII. Senat des Bundes­finanzhofes (BFH) seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sog. Schnee­ball­system bestätigt. Danach hat der Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen Einkünften führen.

Der Streitfall betraf einen Anleger, der hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatte. Er erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, sodass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.

Der BFH hat entschieden, dass der Anleger steuerbare Ein­künfte aus Kapitalvermögen nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des je­wei­ligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuer­pflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher An­le­ger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist. Der VIII. Senat hat damit sein Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 bestätigt.

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Berichtigung zu hoch vorgenommener AfA bei Gebäuden

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 34/14, Pressemitteilung vom 30.04.2014, Urteil vom 21.11.2013, Aktenzeichen IX R 12/13

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 21. November 2013 IX R 12/13 darüber entschieden, auf welche Weise eine zu hohe Ab­set­zung für Abnutzung (AfA) bei Gebäuden im Privatvermögen berichtigt werden kann, wenn die entsprechenden Steuerbescheide verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden können.

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG) können bei Gebäuden im Privatvermögen unter bestimmten Voraussetzungen AfA-Beträge in festen, über die Nutzungsdauer fallenden Staffelsätzen zwischen 7 % und 1,25 % (sog. degressive AfA) abgezogen werden. Sind für ein Gebäude allerdings Sonderabschreibungen vor­genommen worden, sieht § 7a Abs. 9 EStG vor, dass sich die AfA nach Ablauf des Begünstigungszeitraums der Son­der­abschreibung nach dem Restwert und den nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maß­ge­ben­den gleichbleibenden Staffelsätzen (sog. lineare AfA) bemisst.

Im Streitfall hatte der Kläger zunächst Sondergebiets­ab­schrei­bungen nach dem Fördergebietsgesetz in Höhe von 50 % der von ihm für den Erwerb eines Mehrfamilienhauses geleisteten Anzahlung in Anspruch genommen und an­schlie­ßend nach Fertigstellung und Ablauf des Begünstigungs­zeit­raums das Gebäude degressiv nach festen Staffelsätzen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG abgeschrieben. Nachdem das Finanzamt (FA) festgestellt hatte, dass die degressive AfA zu Unrecht in Anspruch genommen worden war, berichtigte es in den Streitjahren 2007 bis 2009 die AfA, indem es die (typisierte) 50-jährige Gesamtnutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG um den fünf­jäh­ri­gen Begünstigungszeitraum der Sonderabschreibung ver­ringerte und den so neu ermittelten AfA-Satz von 2,22 % der Bemessungsgrundlage vom Restwert bis zur vollen Ab­set­zung in Abzug brachte.

Der BFH hat die vom FA vorgenommene Berechnung der AfA bestätigt. Er hat zunächst entschieden, dass eine degressive AfA nach Vornahme einer Sonderabschreibung ausgeschlos­sen ist. Sind für ein Gebäude in einem Veranlagungszeitraum daher Sonderabschreibungen vorgenommen worden, be­misst sich nach Ablauf des Begünstigungszeitraums die Rest­wert­abschreibung nach dem nach § 7 Abs. 4 EStG unter Be­rücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden line­aren Prozentsatz. Wurden degressive Abschreibungen zu Un­recht vorgenommen, ist die Berichtigung zu hoch vor­ge­nom­me­ner und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbarer AfA bei Gebäuden im Privatvermögen in der Weise vorzunehmen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungssätze auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Ab­set­zung des noch vorhandenen Restbuchwerts angewendet werden. Damit kommt es im Ergebnis zur einer Verkürzung der AfA-Dauer.

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Keine Vererbung des Schadensersatzanspruches aus Persönlichkeitsrechtsverletzung

Der BGH hat mit Urteil vom 29.04.2014, Az. VI ZR 246/12, entschieden, dass ein Anspruch des Erb­lassers auf eine Entschädigung in Geld aufgrund einer Per­sön­lich­keitsverletzung gem. § 823 BGB höchstpersönlicher Natur und daher nicht vererblich ist.

Der Anspruch geht daher nicht im Wege der Universal­sukzession des § 1922 BGB auf den Erben über.

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Möglichkeit der Umdeutung eines gemeinschaftlichen Testamentes

Das OLG München hat mit Datum vom 23.04.2014, Az. 31 Wx 22/14, beschlossen, dass die Umdeutung eines vom anderen Ehegatten nicht unterzeichneten gemeinschaftlichen Testamentes in ein Einzeltestament möglich ist.

Dies erfordert jedoch die Feststellung, dass nach dem Willen des Testierenden seine Verfügung auch unabhängig vom Beitritt des anderen Ehegatten gelten sollte.

Sieht das unvollständige gemeinschaftliche Testament eine gegenseitige Alleinerbeneinsetzung und eine Schluss­erben­einsetzung von Verwandten beider Ehegatten zu gleichen Teilen vor, kann gegen einen solchen Willen sprechen, dass der Testierende selbst ohne den Beitritt des anderen Ehe­gatten nicht dessen Alleinerbe wäre und die angestrebte gleichmäßige Aufteilung des gemeinschaftlichen Vermögens bei Umdeutung in Vor- und Nacherbfolge nicht erreicht werden würde.

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Sozialhilferegress gegen den Erben durch die Sozialbehörde

Das Sozialgericht Aachen hat mit Urteil vom 20.04.2013, Az.: S 20 SO 159/12, ent­schie­den, dass der Erbe einer leistungs­be­rech­tigten Person gem. § 102 Abs. 1 SGB XII zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet ist.

Die Ersatzpflicht besteht nur für die Kosten der Sozialhilfe, die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII übersteigen. Nach § 102 Abs. 2 SGB XII gehört die Ersatzpflicht des Erben zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe haftet mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses.

§ 102 Abs. 3 SGB XII listet drei Ausschlusstatbestände auf, die den Anspruch auf Kostenersatz entfallen lassen:

  • Der Wert des Nachlasses liegt unter dem dreifachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII
  • Die Erben haben mit dem Sozialhilfeempfänger bis zu dessen Tod in häuslicher Gemeinschaft gelebt und ihn gepflegt
  • Die Inanspruchnahme der Kläger als Erben des Hilfe­empfängers würde nach Grund und Höhe unter Berück­sich­ti­gung der Besonderheiten des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten

Eine solche Härte ist bei einer auffallenden Atypik des zu beurteilenden Sachverhaltes anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles als unbillig erscheinen lässt, den Erben für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Eine besondere Härte lässt sich nicht bereits darauf stützen, dass das ererbte Vermögen dem Schonvermögen des Erblassers zuzurechnen war. Auch § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bergründet kein „post­mortales Schonvermögen“ zu Gunsten des Erben.

Eine besondere Härte kann auch nicht darin gesehen wer­den, dass der Erbe das ererbte Haus, das auch vor dem Tod des Hilfeempfängers schon in seinem hälftigen Mit­eigen­tum stand, weiter bewohnt. Dies gilt zumindest dann, wenn dieser besonderen wirtschaftlichen Situation dadurch aus­reichend Rechnung getragen wurde, dass dem Erben die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Kostenersatzanspruch durch Eintragung einer entsprechenden Sicherungshypothek zu Gunsten des Sozialhilfeträgers anzuerkennen. Dadurch bleibt seine wirtschaftliche Existenz zu seinen Lebzeiten unangetastet; er braucht die Immobilie weder zu verkaufen noch zu beleihen, also auch nicht die von ihm befürchteten unzumutbaren Mietaufwendungen zu erbringen.

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Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für einen Treppenlift

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/14, Pressemitteilung vom 09.04.2014, Urteil vom 06.02.2014, Aktenzeichen VI R 61/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6. Februar 2014 VI R 61/12 ent­schieden, dass die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für einen Treppenlift nicht durch ein amts­ärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzu­weisen ist.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuer­pflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu zählen nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch Krankheitskosten. Allerdings hat der Steuer­pflichtige die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f der Ein­kom­mensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medi­zi­ni­schen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medi­zi­ni­schen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Betroffen hiervon sind beispielsweise Bade- und Heilkuren oder psychotherapeutische Behandlungen.

Im Streitfall ließen die verheirateten Kläger wegen der Geh­behinderung des Klägers einen Treppenlift in ihr selbst ge­nutz­tes Einfamilienhaus einbauen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen von ca. 18.000 € machten sie vergeblich in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2005) als außergewöhnliche Belastung geltend. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Denn die Kläger hätten zuvor ein amts­ärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ein­holen müssen.

Der BFH sieht dies anders. Angesichts des abschließenden Charakters der Katalogtatbestände in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f EStDV sei die Zwangsläufigkeit und damit die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für den Ein­bau eines solchen Hilfsmittels nicht formalisiert nach­zu­wei­sen. Im zweiten Rechtsgang hat das Finanzgericht nun die erforderlichen Feststellungen zur medizinischen Not­wen­dig­keit für die Maßnahme nach dem Grundsatz der freien Be­weis­würdigung zu treffen, beispielsweise durch die Ein­ho­lung eines Sachverständigengutachtens.

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Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Wohnstift als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 25/14, Pressemitteilung vom 02.04.2014, Urteil vom 14.11.2013,  Aktenzeichen VI R 20/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12 entschieden, dass Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenwohnstift „zwangsläufig“ i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind und damit dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen dar­stellen. Soweit derartige Aufwendungen im Rahmen des Üb­li­chen liegen, ermäßigen sie daher nach den für Krankheits­kosten geltenden Grundsätzen die Einkommensteuer.

Im Streitfall war die behinderte und pflegebedürftige Klägerin zunächst mit ihrem Ehemann, später allein, in einem Apart­ment in einem Seniorenwohnstift mit einer Wohnfläche von 74,54 m2 untergebracht. Hierfür wurde ein Pauschal­ent­gelt in Rechnung gestellt, mit dem neben dem Wohnen und der Verpflegung u.a. auch die Nutzung von Gemeinschafts­ein­rich­tungen sowie eine allgemeine altengerechte Grundbetreuung über 24 Stunden am Tag (z.B. Therapieangebote, ständige Notrufbereitschaft, Vermittlung ärztlicher Versorgung, Grund­pflege bei leichten vorübergehenden Erkrankungen) ab­ge­gol­ten war. Zusätzlich hatte die Klägerin einen Pflegevertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen durch den am­bu­lan­ten Pflegedienst des Wohnstifts abgeschlossen. Die Ent­gelte hierfür wurden ihr nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung gesondert in Rechnung gestellt. Das Finanzamt sowie das Finanzgericht (FG) haben der Klägerin den vollen Abzug der Kosten für die Unterbringung nicht zugestanden. Dies sieht der BFH im Grundsatz anders.

Krankheitsbedingte Heimunterbringungskosten sind auch in einer solchen Fallgestaltung zu berücksichtigen, soweit die Aufwendungen nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum medizinisch indizierten Aufwand stehen und sie daher nicht mehr als angemessen i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen sind. Abziehbar sind danach neben den konkret angefallenen und in Rechnung gestellten Pflegekosten dem Grunde nach auch die Unterbringungskosten bzw. das Pauschalentgelt für die Nutzung der Wohnung im Wohnstift abzüglich einer Haushaltsersparnis.

In welcher Höhe die Unterbringungskosten tatsächlich abgezogen werden dürfen, wird das FG nun im zweiten Rechtsgang zu entscheiden haben. Denn der BFH hat den Rechtsstreit an dieses zurückverwiesen. Es wird zu klären sein, ob es sich bei dem Pauschalentgelt im Streitfall um Kosten handelt, die –z.B. aufgrund der Größe des Apartments– außerhalb des Üblichen liegen.

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